Eimerweise Staubdreck-Schieben

Liest man seine Unitexte in der Küche und nicht in der Bibliothek oder im Zimmer, trifft man immer Mitbewohner. Es passiert öfters, dass man dabei mehr lernt als vom eigentlichen Text, vor dem man sitzt.

Die Französin schneidet gerade ihren Salat und ein paar Tomaten klein, als Matthias herein kommt.

Es geht um den Eimer.
Ticos benutzen keine Eimer.
Wie man hier den Boden reinigt? Man nehme ein altes Handtuch, befestige es in der eigens dafür vorgesehenen Halterung an einem „Putzstab“, tränke es in Putzmittel und wische den Staub des Bodens hin und her.

Baguette Costa Rica Manuela Doerr-4

Danach wird der Lappen immer wieder neu getränkt, aber niemals ausgewaschen. Das Putzmittel ist in kleine leere Trinkplastikflaschen gefüllt, deren Verschluss mit einigen Löchern geziert ist. In Händen hält man so eine kostenlose und universell einsetzbare Sprühflasche. Sogar Putzmittel für die Whiteboards in der Uni sind in diese Flaschen abgefüllt und lassen die verschmierten Flächen dank engagierter Mitarbeiter wieder glänzen.

Baguette Costa Rica Manuela Doerr-1

Diese Art des Putzens stellt uns Europäer wieder einmal vor große Schwierigkeiten.
Der Dreck ist so doch gar nicht weg, sondern nur woanders. Und zwar im gleichen Raum. Eine Umverteilung der Teilchen. Wenn das mal nur mit dem Geld so wäre, dass es einfach innerhalb des Portemonnaies von A nach B geschoben wird.
Wird es aber nicht.
Nur der Dreck bleibt.

Ein Eimer muss her, das stellten wir WG Bewohner schnell fest. Doch in San José und vermutlich ganz Costa Rica ist es gar nicht so einfach, da schließlich kaum jemand Eimer benutzt. Nicht wie in der Demokratischen Republik Kongo, in der jeder mindestens fünf bunte Eimer besitzt.
Matthias hat sich wagemutig auf die Schatzsuche gemacht und ein mittelgroßes Exemplar als Trophäe mit nach Hause gebracht.
Was das mit der französischen Mitbewohnerin zu tun hat?
Auch sie ist vom Staubdreck-Schieben genervt und möchte mal richtig putzen.

Matthias – ES:
„Ich habe einen Eimer gekauft, den kannst du gerne einmal benutzen.“

Französin – ES:
„?“

Matthias – ES:
„Einen Behälter in den du Wasser zum Reinigen des Bodens füllen kannst und dann den ganzen Staub endlich einmal richtig los wirst.“

Französin – ES:
„Ähhh, ahhhh… “

Matthias – DE:
„Was heisst Eimer auf Französisch?“

Ich – DE/ES:
„Puh, gute Frage. Das wusste ich mal, ich schau mal nach.“

Handy – DE:
„Der Eimer = le seau“

Ich – FR:
„‚Eimer‘ ist das Wort.“

Französin – ES:
„Ahhh! Ja, sehr gerne, super!“

Später verrät sie mir noch eine Sprachenweisheit:
Wenn man das Wort „Abtropfsieb“ einer Sprache kennt, dann bescherrscht man diese und kann sich quasi einem Muttersprachler gleichsetzen.
Dieser Theorie nach kann ich nun perfekt Französisch, denn sie hat mir das Wort verraten.
Ich mache direkt den Wörterbuchtest, welchen mein Ponswörterbuch hervorragend besteht. Ausgespuckt wird mir „das Abtropfsieb“, „la passoire“, „el colador“ und „the colander“. Die größte Schwierigkeit ist an diesem Wort wohl der sich in jeder Sprache ändernde Artikel. Sonst wäre es vermutlich auch nicht das Wort der Wörter.

Test bestanden, herzlichen Glückwunsch!

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