Siebtes Interview.
Tierheimtier-Besitzer berichten über die ersten Tage mit ihren Schützlingen. Das folgende Interview ist Teil einer Serie, zu der ich noch Interviewpartner suche. Wie immer freue ich mich über euer Feedback zum Gespräch auf der Facebookseite oder direkt hier.
Tinas Hund Lino ist 5 Jahre alt und kommt aus Sardinien über die Tierschutzorganisation ProTier e.V..
1. Wie bist du dazu gekommen, einen Hund zu adoptieren? Wie bist du auf ihn aufmerksam geworden und wo hast du ihn entdeckt?
Meine Schwester und ich wollten schon seit Längerem einen Hund aus dem Tierschutz aufnehmen, mein Freund hat in unserer 3er-WG aber erstmal sein Veto eingelegt. Als eine Freundin dann durch Zufall jemanden traf, die einen Tierschutz-Hund in Pflege hatte, haben wir vorgeschlagen, man könnte sich den Hund ja „nur“ mal anschauen. Einen Tag später haben wir Lino kennengelernt und zwei Tage später stand fest: der Hund muss bleiben- und kurz darauf zog er offiziell bei uns ein.
Es war also eine sehr spontane Bauch- und Herzentscheidung.
2. Welche Ängste oder Sorgen hattest du vor der Adoption und wie hast du dich auf seine Ankunft vorbereitet?
Ängste und Sorgen hatte ich vorher eigentlich keine. Bevor wir uns dazu entschieden hatten einen Hund aufzunehmen, haben wir aber natürlich erstmal die Grundvoraussetzungen gecheckt: Habe ich genug Zeit für meinen Hund? Kann ich mir einen Hund leisten? Denn wenn der mal krank sein sollte, können Tierarztrechnungen recht teuer sein (dazu kommt Fressen, Hundesteuer, Haftpflicht, Hundeschule…).
Der Hund braucht eigentlich nicht viel: ein warmes Plätzchen, Futter und Wasser, vielleicht mal einen Stock oder einen Knochen, worauf er kauen kann und seine Menschen.
Anfangs ist es am wichtigsten, dass er in Ruhe ankommen kann. Dazu braucht er nicht unbedingt tausend Spielsachen um sich herum.
3. Wie war der erste Tag mit ihm?
Der erste Tag war super, da hat er sich vorbildlich verhalten. Erst nachdem er bei uns etwas angekommen war und uns schon ein bisschen einschätzen konnte, fing er an Grenzen auszutesten.
Da war ich schon zum Teil überfordert. Glücklicherweise haben wir ziemlich schnell eine ziemlich gute Hundetrainerin gefunden, die uns ein bisschen Wind aus den Segeln nehmen konnte und von der wir viel gelernt haben. Die Fortschritte konnten sich jedenfalls sehen lassen.
4. Was hat er als erstes angestellt?
Lino war in dem, was er anfangs angestellt hat, sehr kreativ und wurde auch nicht müde sich neue Dinge auszudenken: Essen klauen stand anfangs an erster Stelle (im Brauhaus hat er einem Freund das gerade bestellte Schnitzel vom Teller geholt), Kohle fressen, Butter fressen, Kerzen fressen; plötzlich konnte er nicht mehr alleine bleiben und hat Kratzspuren auf dem Fußboden vor der Tür hinterlassen und sich die Pfoten blutig gescharrt und kam, wenn wir in fremder Umgebung waren, nicht zu Ruhe…
Heute würde ich viele Dinge anders sehen, Verhalten und Körpersprache richtig deuten und Grenzen im richtigen Moment ziehen.
5. Drei Eigenschaften, an denen du immer wieder erkennst, dass er aus einem Tierheim kommt.
1. Anfangs war es der Futterneid seinen Artgenossen gegenüber
2. Unsicherheit gegenüber fremden Geräuschen
3. Sonst nichts
6. Würdest du wieder einen Hund adoptieren?
Auf jeden Fall! Auf jeden Fall auch wieder aus dem Tierschutz!
Denn es warten viel zu viele Hunde in Deutschland, aber auch im europäischen Ausland, auf eine zweite Chance.
7. Wie hat sich dein Leben durch den Hund verändert?
Mit Hund muss man seinen Alltag, Urlaub und Job oft umstrukturieren, organisieren und planen. Aber das kann auch positiv sein: man entschleunigt etwas, ist mehr an der frischen Luft vor allem bei Wetter, bei dem man sonst zu Hause geblieben wäre. Zudem habe ich über unseren Hund neue Freundschaften geschlossen. Vor allem aber bekommt man von seinem Hund sehr viel zurück- das ist aller Aufwand wert!
Und zum Schluss, welche Tipps hast du für zukünftige Tierbesitzer?
Tierschutz ist ein sehr kontroverses Thema, bei dem man wahrscheinlich auf beiden Seiten endlose Fässer öffnen könnte.
Es ist wichtig einen seriösen Tierschutzverein oder Tierheim zu finden. Ich kann unseren Verein ProTier e.V. sehr empfehlen!
Vor allem aber sollte man das Tier vorher kennenlernen, das geht zum Beispiel auch als Pflegestelle. So merkt man, ob das Tier zu Einem passt. Denn viele Tiere, vor allem aus dem Ausland, sind im Tierheim aufgewachsen oder kennen nur das Leben an der Kette oder auf dem Land. Ich finde es oft schwierig, wenn die Hunde dann unbedacht in die Großstadt vermittelt werden, weil die zukünftigen Besitzer das Foto des Hundes so süß fanden, denn das bedeutet oft puren Stress für die Hunde. Mit Geduld, dem richtigen Bauchgefühl und vor allem einem guten Trainer kann sicherlich viel erreicht werden. Es gibt aber auch Fälle, denen man keinen Gefallen damit tut, ihnen ein Leben in der Stadt zuzumuten. Also den Hund erst kennen lernen, mit der Tierschutzorganisation über Wohn- und Lebensweise sprechen und schauen, welcher Hund passt!
Vielen Dank für die tollen Fotos und eure Geschichte, Tina!