Tanzen wir Cumbia = TicoSwing

Sport ist gut für die Gesundheit und bringt zu allem Überfluss auch noch Spass, wenn man die richtige Sportart für sich entdeckt hat.
Bei mir sind das Tanzen und Inlinerfahren. Letzteres würde ich mich aufgrund der zahlreichen Schlaglöcher hier nie trauen. Ans Tanzen wage ich mich schon eher heran und getanzt wird in jedem Land.

Seit letzter Woche bin ich nun wieder Tanzschülerin.
Nach einem kleinen Test wurde ich in den Stufe zwei Kurs der Tanzschule Merecumbe eingetragen. Wenn ich bedenke, dass ich selbst eine Zeit lang Tanzunterricht gegeben und Turniere getanzt habe, dann ist Stufe zwei zunächst ziemlich schockierend.
War ich so schlecht in der Miniprüfung?
Oder wird hier einfach nur anders getanzt?
Oder ist im Stufe zwei Kurs vielleicht einfach noch am meisten Platz?

Keine Zeit für Fragen, schon geht es los.

Merecumbe Costa Rica Manuela Doerr-1

Die Tanzschule ist gut gefüllt, an jedem Kurs nehmen schätzungsweise 20-30 Teilnehmer teil, viele kommen einzeln, viele im Paar. Es herrscht Chaos im Flur des Eingangsbereichs. Einige Menschen sitzen auf den zitronengrünen Ledercouchen, andere stehen in Grüppchen zusammen. Aber alle haben sie eins gemeinsam, sie warten auf ihren Latino Meister, dem sie dann in einen der vier Säle folgen und gierig ein paar Schritte abgucken.

Meine Anmeldung erfolgt an der Rezeption.
„Setz dich doch hin“, die kleine, ultra-kurzhaarige Leiterin der Tanzschule bietet mir den Stuhl vor ihrem Schreibtisch an. Es gibt eine Liste mit allen Kursen, hierin sind Stufe eins bis vier aufgeführt. Ich kann täglich zwischen bis zu drei verschiedene Stufe-2-Kurse wählen. Hier muss man sich nicht den Kursstufen und deren Uhrzeiten beugen, denn Kurse gibt es im Überfluss. In meinem monatlichen Preis von 15.000 Colones (ca. 25 Euro) sind sogar zwei Mal 1 ½ Stunden Unterricht pro Woche enthalten. Einmal 1 ½ Stunden bezahle ich, die anderen bekomme ich geschenkt, verkündet die Frau mir stolz.
Montag und Donnerstag Abend tanzen hört sich doch gut an. Während hinter meinem Rücken unentwegt neue Menschen in den Vorraum strömen, die Klingel vom Gittertor vor der Tanzschule unentwegt bimmelt und das braune Gebilde knackend geöffnet wird, trage ich mich in die Listen ein und bekomme eine Quittung ausgestellt.

Ich betrete den Tanzsaal.
Einige Mädels haben Sportschuhe und Leggins an, andere sind sehr schick gekleidet und kommen wohl gerade von der Arbeit. Hohe Tanzschuhe, wie ich sie vom Vereinssport und auch von höherklassigen Tanzschülern kenne, trägt hier niemand.
Weniger Competition und Schick, mehr Fun und Sport ist die Devise! Das Ganze geht eher in Richtung kunterbunte Zumba, nur dass meine Mitstreiter auch kunterbunt durch alle Altersklassen gemischt sind. Abiturientinnen und Anzugträger, Studenten und Rentner…

So wie die Leute hier anders zusammengestellt sind, ist auch der Tanzunterricht anders aufgebaut.
Zuerst schnappt sich jeder eine der dunkelblauen Matten vom Stapel in der Ecke und sucht sich ein freies Plätzchen auf dem Parket. Salsamusik wird eingeschaltet und der Tanzlehrer läuft zwischen den Reihen der am Boden liegenden Schüler umher und gibt Anweisungen:“Rechter Fuß, Kreisen, Andersherum, Wechseln, Linkeeeer Fuß, Kreisen, Spitze, Heranziehen…“ Alle Altersgruppen sind vertreten, überwiegend Studenten und ein paar Tänzer mittleren Alters haben sich eingefunden. Es kommen immer mehr Leute, bis die Boden komplett mit Matten bedeckt ist.

„Auf die Füße“, kommt der Befehlt, das erinnert mich ein wenig an die Kirche. Alle folgen, wir stehen auf und es geht weiter. Die Hüfte kreisen lassen, die Arme recken, hier und da, hin und her, immer den Schritten des Tanzlehrers folgen. Die werden immer komplexer, aber nie länger als 8 Steps. Dann wird Salsamusik eingeschaltet und es bilden sich schnell Paare. Ab geht die Post!
Mich wundert es, dass keiner der anderen Tanzschüler eine Flasche Wasser dabei hat. In Deutschland laufen wir beim Sport wie besessen alle paar Minuten zu unseren Trinkflaschen, so als ob wir jeden Moment verdursten würden. Hier bin ich die einzige mit dieser Angewohnheit.

Nach und nach füllt sich der Raum, immer mehr freudige Tänzer treffen ein, auch eine halbe Stunde nach Unterrichtsbeginn noch.
Ticotimes nenne ich dieses Phänomen, das ich mir so langsam auch angewöhne.
Die Luft des quasi fensterlosen Raums wird immer schwerer und beginnt zu drücken und an unseren Körpern zu ziehen. Da helfen auch die zwei kleinen Hochleistungs-Ventilatoren nicht wirklich weiter, welche ihre Rotorblätter mühsam Runde um Runde schwingen. Sie wirbeln die von Schweiß getränkte Luft hin und her und wehen sie einem wie salzige Meeresluft ins Gesicht.
Herrlich, so muss das sein beim Sport!

Wieso kann ich hier alleine ohne Tanzpartner zum Kurs gehen?
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