Sicher in Sicherheit

Eigentlich fühle ich mich recht sicher in Costa Rica.

Aber immer wieder machen mich Kommentare von Ticos stutzig und lassen mich daran zweifeln, weiter draußen auf der freien Straße meine Kamera auszupacken um hier und dort ein Foto zu schießen.

Meine Spanischlehrerin Olma berichtete pro Unterrichtsstunde mindestens von einer gefährlichen Situation, in die man sich nicht begeben sollte. Ich habe das immer ein wenig belächelt, bis sie dann erzählte, dass ein Freund von ihr erschossen wurde. Peng! Er ist auf der Straße verblutet, weil es zu wenige Krankenwagen in Costa Rica gibt und dieser nicht schnell genug kam. Und warum haben sie ihn angeschossen? Weil wohl jemand anderes sein Fahrrad haben wollte…
Olma wurde noch nie überfallen.

Auf dem Campus erzählte mir gestern eine deutsche Kommilitonin, dass ihr am Montag am ersten Schultag in der Mensa das Handy aus der Tasche gestohlen wurde. Vor dem Bezahlen war es noch da, nach dem Essen am Tisch dann plötzlich nicht mehr auffindbar. Und das, obwohl sie eigentlich gut darauf geachtet hatte.
Sie wurde bestohlen aber noch nicht überfallen.

Tamara aus dem Fotokurs rollte mit den Augen, als sie erfuhr, dass wir jede Woche in der Uni Fotoaufgaben meistern werden. Ihre Kamera mit in den Kurs zu nehmen ist ihr viel zu riskant, weil sie diese ja dann abends im Dunkeln auch wieder heile nach Hause bringen müsste. Unser Kurs geht von 17:00 – 20:50 Uhr, um 17:47 Uhr geht die Sonne unter. Das schreit förmlich nach einem Überfall, sagt sie. Auch in anderen Kursen äußern Studenten diese Bedenken.
Tamara wurde noch nie überfallen.

Annette aus Amerika hingegen, welche ich im Hostel kennengelernt habe und die hier in San José seit einem Jahr arbeitet, geht nachts raus. Ihr ist egal, was alle Ticos sagen und sie stört sich nicht an ängstlichen Kommentaren.
Bisher wurde auch sie noch nicht überfallen.

In dem Erfahrungsbericht einer anderen Austauschstudentin habe ich gestern gelesen, dass sie zunächst nicht daran geglaubt hat, dass es hier gefährlich sein könnte. dann aber an einem dunklen Abend doch überfallen wurde. Ab diesem Tag versteckte sie immer zumindest das Handy in der Hosentasche und ein wenig Geld im BH oder im Schuh. „Wenn man überfallen wird, wird einem meist der gesamte Rucksack oder die Tasche abgenommen. Beherzigt man die Tipps, dann bleibt einem wenigstens noch ein Minimum und man kann sich ins nächste Taxi retten.“, berichtet sie.
Sie wurde überfallen und bestohlen.

 

Aber was mache ich denn nun?
Auch ich habe noch keine annähernd gefährliche Situation erlebt. Habe ich mich bisher richtig verhalten, oder in letzter Sekunde einfach Glück gehabt und es gar nicht bemerkt?
Meine Kamera, auch wenn sie nicht mit einer riesigen Spiegelreflexkamera zu vergleichen ist, passt nun mal weder in den Schuh, noch in den BH. Mit meiner großen Spiegelreflexkamera habe ich mich noch nicht eine Minute vor die Tür getraut. Sie ist seit meiner Ankunft in Costa Rica noch immer brav in der gepolsterten Tasche, welche mittlerweile ganz hinten im Schrank steht, und fühlt sich vermutlich wie im Winterschlaf. Alle Logos habe ich bereits seit dem Kongo, in dem es ein ähnliches Gefühl war draußen zu fotografieren, mit schwarzem Tape überklebt, um sie wenigstens ein müh weniger wertvoll aussehen zu lassen.

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