Seit gestern Nachmittag bin ich nun in meinem eigenen Zimmer. Das bringt so einige Vorteile mit sich, nämlich alles, was mir im Hostel gefehlt hat:
+
Ich habe einen Schrank mit Fächern und Ordnung.
Ich habe einen Raum, ich dem ich einfach alles liegen lassen kann und nicht immer jedes Teil einschließen muss.
Ich kann den Laptop einfach auf dem Tisch stehen lassen.
Ich habe eine Steckdose am Laptop.
Ich kann jederzeit in die aktuelle Tageszeitung schauen und ein wenig Spanisch lesen. Heute war hier der erste Schultag nach den Ferien.
Ich habe meine Ruhe, bzw. kann die Tür einfach zumachen, wenn ich möchte.
Mein Gepäck, weswegen ich mir auch ein Taxi zur Wohnung hier nehmen musste. Für meine nächste längere Reise nach Südamerika oder in ähnliche Länder nehme ich auf jeden Fall einen Rucksack mit und keinen Koffer. Damit kann man nämlich auch Busfahren, 4.500 Colones sparen und sich auch auf unebenen Straßen vorwärts bewegen.
Es gibt sogar einen Pool, aber da ist im Moment kein Wasser drin. Warum habe ich nicht so ganz verstanden, mal sehen was so demnächst passiert.
Leider hat das Umziehen aber auch seine Kehrseite:
–
Ich bin total einsam, hier herrscht völliges Kontrastprogramm zum Hostel. Die Stille macht mir Angst und ich bin sie nicht mehr gewohnt. Hier ist keiner, mit dem man sich mal eben ein wenig unterhalten kann, wie in meiner WG in Hamburg oder eben im Hostel. Ich setze mich zwar immer dazu, wenn jemand sich etwas kocht oder eher zusammensucht und stelle Fragen zu Gott und der Welt, aber viel kommt da nicht. Das ist eben keine WG und ich bin kein Familienmitglied, sondern jemand, der ein Zimmer gemietet hat.
Puh, wenn das so bleibt, dann werde ich mir wohl ganz schnell wieder etwas anderes suchen. Bin ja mal gespannt, wie oft ich hier die Wohnung wechseln werde. Aber dann bekomme ich ja auch Einblicke in verschiedene Familien, so wie in Frankreich damals. Ist ja auch nicht schlecht, nur eben anstrengend.
Mein neuer „Schulweg“.
Costa Rica – Bier 🙂
Nach dem Spanischkurs und meinem obligatorischen Mittagessen in der Mensa (Bohnen mit Reis mit Hühnchen mit Salat und nem ziemlich leckeren Ananas-Reis Getränk) machte ich mich auf dem Weg zum Notar, um noch ein letztes Dokument für mein Visum abzuholen. Leider hat Google mir die völlig falsche Adresse ausgespuckt und ich bin erstmal ein paar Kilometer in die falsche Richtung gewandert. Da dort auch kein Bus hinfährt, hatte ich mir die schnellste Route ausgesucht und bin zu Fuß gegangen. Leider war diese Route nicht wirklich schön und führte direkt am Highway und an ganz vielen Autowerkstätten entlang. Zwischendurch habe ich überlegt, ob ich nicht lieber wieder umkehren sollte. Wie gefährlich ein Ort ist, das sagt Google einem schließlich noch nicht, man muss also doch noch selber denken…
Ich hätte mit dem Bus als Alternative erst in die Innenstadt und dann von dort mit einem anderen Bus fast wieder den gleichen Weg zurück gemusst. Das stellte, aus deutscher Sicht, keine Alternative dar. Als ich dann endlich an dem Ort, den ich gefunden hatte, angekommen war, war dort eine riesige Baustelle.
Prima, was nun? Man muss es eben doch so wie die Ticos machen, das hat schon seinen Grund. Ich begann mich nach costa-ricanischer Manier durchzufragen und fand auch schnell mein erstes Opfer: Eine Frau, die gerade irgendwie nicht so glücklich aussah. Ob sie mir wohl helfen würde?
Als ich sie aber nach dem Weg zum „contador público“ fragte, freute sie sich, war direkt Feuer und Flamme und begab sich mit mir zusammen auf die Suche. Wir fragten in einem Restaurant, andere Passanten und schließlich rief sie ihn sogar für mich an. Das einzige Problem war, dass er nicht abnahm.
Ich beschloss mich weiter auf die Suche zu machen und bedankte mich bei der super hilfsbereiten Frau und schrieb dem Notar eine SMS. Hier schreibt man wirklich mit offiziellen Personen SMS, unglaublich. Einem deutschen Notar, den ich noch nie im Leben gesehen habe, würde ich ja keine SMS schreiben.
Nun gut, ich bekam von ihm eine genaue Wegbeschreibung zu einem Viertel namens Escalante als Antwort.
Ein Gebäude vor der UCR. Vom Café konnte ich leider kein Foto schießen, da musste ich mit meinen Sprachkenntnissen rumfuchteln und mich irgendwie verständlich machen.
Aber wo ist das nun schon wieder? Ohne Stadtplan und Internet auf dem Handy gestaltet sich das ganze als schwieriger als gedacht.
Ich begebe mich also noch einmal in das hübsche Restaurant und dort rufen die netten Damen immer mehr Leute herbei um mir zu helfen, weil keiner so recht zu wissen scheint, wo sich dieses Viertel befindet und wie man denn dort hin kommen kann. Vielleicht sollte ich den Termin einfach absagen, nach Hause fahren, in Ruhe googeln und es dann Morgen noch einmal versuchen? Dann müsste ich aber auch diesen merkwürdigen Weg zurück. Dann würde ich mir wohl lieber ein überteuertes Taxi nehmen, so ganz geheuer war mir das nicht.
Die Damen geben nicht auf! Letztendlich werde ich ins Büro des hübschen, mit Pflanzen bewachsenen Cafés gelotst und dort versuchen drei Frauen mir den besten Weg zu beschreiben. Ihnen wird bald klar, dass das alles ziemlich kompliziert ist mit den Bussen. Kurzerhand bieten sie mir an, mich zu fahren. Wow! Ich müsste nur noch etwas warten, wenn das okay wäre. Wow! Sie bieten mir sogar Getränke an! Hilfe, wie kann ich das wieder gut machen?
Ihr siebenjähriger Sohn gesellt sich zu mir und beginnt mich auszufragen und erzählt mir allerhand Dinge. Er kann sogar ein paar englische Wörter, die er ganz stolz sofort einmal ausprobiert und zeigt mir seinen aus Papierschnipseln gebastelten LKW.
Beim Warten habe ich Zeit mich umzusehen. Es stehen sehr viele Pflanzen überall, sogar die Spiegelungen in den Scheiben zeigen Pflanzen. Leider ist es recht laut, da die Tür natürlich offen steht und draußen um die Ecke direkt der Highway ist. Auch von außen sieht man die vielen Pflanzen, das Haus ist grün gestrichen und hat schwarze Geländer und Stühle. Ich sitze in dem etwas chaotischen, aber sympathischen Büro auf einem schwarzen Sofa, neben mir dieser kleine Junge mit seinen großen Augen und der Brille, die mit einem Gummiband hinten am Kopf noch einmal fixiert ist. Er hat festgestellt, dass ich grüne Augen habe und ist total fasziniert. Ticos haben immer dunkelbraune Augen.
Das erinnert mich an die Kinder in der Demokratischen Republik Kongo, die völlig begeistert alle meine Haare anfassen wollten und sich gar nicht vorstellen konnten, wie sich dieses glatte Haar wohl anfühlt.
Zwei der Damen, die agile Großmutter und ihre Tochter, sowie der Sohn und seine 13 jährige Schwester steigen zusammen mit mir ins Auto und los geht’s! Ein Abenteuer für die ganze Mannschaft. Der verwirrten Fremden den Weg zeigen und dabei auch noch mit den erlernten Sprachkenntnissen vor der Mutter glänzen!
Der klapprige olivgrüne Van setzt sich in Bewegung. So schnell kann’s gehen, vor einer halben Stunde kannte ich diese Menschen nicht einmal, jetzt setzen sie alles daran, mich bis 4 Uhr zu meinem Ziel zu bringen.
Anschnallgurte gibt es wie in allen Autos hier natürlich nicht und wir drei jüngsten sitzen auf der Rückbank mit dem Rücken zur Fahrerbank und genießen unendlich viel Beinfreiheit. Es sind nämlich sonst keine Sitze im Wagen. Die beiden vorne machen sich zielstrebig auf den Weg und fragen mich ab und zu, wo ich denn nun genau hin müsse.
„Iglesia de Teresia? Y 200 m Este?“
„Si, pero 200 m sur y 200 m oeste.“
„Ah bueno, y después?“…
Letztendlich sind wir ganz in der Nähe vom beschriebenen Park und suchen das weiße Haus mit dem schwarzen Gitter. Tja, davon gibt es natürlich mindestens drei. Also steigt die Dame kurzerhand aus und fragt sich durch, gibt uns dann Handzeichen zur entsprechenden Richtung und läuft neben dem Auto her.
Ob ich nun alleine klar komme oder ob sie noch warten sollen, bis ich alles geregelt hätte, fragt die Frau mich. Sie möchte nicht einmal Geld für die Fahrt, oh man! Dann gibt sie mir noch ihre Visitenkarte: Falls ich jemals Hilfe bräuchte, solle ich sie auf jeden Fall anrufen.
So nette Leute hier, puh. Das kann ich gar nicht wieder gut machen. Immerhin habe ich auf der Fahrt ein wenig Englisch mit den beiden Kids gesprochen, die waren total stolz, dass sie sich mit mir verständigen konnten und ich war stolz, dass ich fast alles Spanische verstand und sogar das Englische auf Spanisch erklären konnte, wenn die beiden nicht weiter wussten.
Mein Spanisch ist schon wieder deutlich besser geworden, nicht schlecht!
Letztendlich war die ganze Tour, wenn man die eigentliche Aufgabe betrachtet, ziemlich zwecklos. Für den Stempel vom Notar fehlte mir nämlich noch eine Nummer vom Passport. Argh, das hatte er am Telefon im Hostel nicht richtig durchgegeben. Woher soll man denn wissen, was mit „Identität“ genau gemeint ist?! Ich habe mich wohl für die falschen Angaben entschieden.
Morgen das Ganze also noch einmal, beziehungsweise nicht ganz, denn ich kenne ja nun den Weg. Ich bin übrigens noch einmal am Zucchero Restaurant und den Zuggleisen vorbei gekommen 🙂 Man sieht sich halt immer zweimal im Leben, oder eben Morgen noch ein drittes Mal.