Das erste Mal Surfen

Eigentlich wollte ich nur wissen, ob er mir eine gute Surfschule in der Nähe empfehlen kann, aber es kommt anders. Der junge Mitarbeitern des Hostels Costa Linda Backpacker wählt schon die Nummer der Surfschule, während er mir den Flyer in die Hand drückt. Zwei Sekunden später habe ich einen costa-ricanischen Surflehrer am Telefon. Es bleibt kaum Zeit, ihn mir vorzustellen, ich sehe nur den schwarzen Hörer, aus dessen Ohrmuschel mir eine Stimme entgegen quäkt.

„Ja, ich möchte surfen lernen.
Nein, ich war vorher noch nie Surfen.
Ja, ich habe heute Zeit.
Ähhh.. ja, auch in 30 Minuten.“

Oha, nun habe ich früher als gedacht eine Stunde gebucht. Und es kommt noch dicker, laut Flyer sind es sogar zwei Stunden. Zwei Stunden Privatsurfunterricht an einem herrlichen Strand für insgesamt 40 Dollar. Klingt soweit erst einmal gut.

Mein Surflehrer ist 24 Jahre alt und surft angeblich erst seit 3 Tagen. Das will er mir auf dem Weg zum Strand zumindest weiß machen. Ich will ihm das nicht glauben. Und ob ich Nicaraguaner mag, fragt er mich dann neckisch. Puh, das ist eine fiese Frage, denn Ticos und Nicaraguaner sind zutiefst verfeindet, wenn man es so möchte. Es könnte aber auch sein, dass er tatsächlich aus Nicaragua kommt, warum sonst diese Frage. Ich kann also nur falsch liegen und entscheide mich für einen Mittelweg:
„Ich kenne nicht viele, deshalb kann ich darüber nichts sagen.“
Immer neutral bleiben.
„Ich bin aus Nicaragua“, verkündet er mir daraufhin. Da habe ich ja noch einmal Glück gehabt.
Fünf Meter weiter grinst er und sagt, dass er aus Costa Rica kommt. Was denn nun? Scherzkeks!

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Wir gehen einige Meter am Strand entlang, dann sind wir endlich an dem Pavillon angekommen. An den Palmen lehnen vier Bretter: ein ganz riesiges und breites, zwei riesige babyblaue und ein kleines kunterbuntes. Das ist bestimmt für mich.
Falsch!
Ich soll tatsächlich so ein riesiges Brett handeln, und das im Wasser! Aber erstmal machen wir Trockenübungen.
Ich bekomme ein extrem enges und nass-klebriges pinkes Shirt. Adé Sonnenbrand, ich halte gerade die Wunderwaffe gegen dich in der Hand! Die langen Ärmeln reichen sogar bis zu den Händen.
Es ziehen Wolken auf.

Zack zack, innerhalb von 5 Minuten erklärt er mir die vier einzelnen Bewegungen und ich versuche sie in völliger Perfektion auszuführen, was mir natürlich nicht gelingt. „Mehr ins Knie, wie als wenn du Merengue tanzen würdest“, das hätte er mal eher sagen sollen. Sofort weiß ich was zu tun ist, er ist verwundert, dass mir dieser Kommentar so viel gebracht hat.

Dann geht es ins Wasser. Aber wie trägt man dieses verflixt schwere Biest nun? Um es mir lässig unter den Arm zu klemmen ist es zu breit oder mein Arm eindeutig zu kurz. Zu allem Überfluss wäre es mir dafür auch zu schwer. Ich sollte wirklich wieder Sport machen.
„Schau mal hier“, lacht der fast schwarzgebräunte Tico mich an und deutet auf die Griffmulde in der Mitte des Brettes. Ähh ja, peinlich 😀
Nun also auf ins Meer, bewaffnet mit dem pinken Oberteil und dem babyblauen Brett gen Sonne.

„Paddle harder, paddle harder!“, schreit er mir immer wieder zu, während ich mir die Seele aus den Oberarmen rudere. Hochmotiviert komme ich auf dem Wasser an und blinzele in die Sonne, die zwischen den Wolken wieder hervorgekrochen ist.
Es gibt verschiedene Formen meiner, z.t. unwillkürlichen, Umsetzung des Surfens. Jeder Anlauf, eine Welle perfekt zu reiten, ist einzigartig. Dennoch könnte man jeden in eine der folgenden Kategorien einteilen:

– Ich möchte mich aufrichten, doch da rutsche ich ab und werde von der Welle umhergewirbelt.

– Ich möchte aufstehen, doch die neongrüne Gummischnur des Surfbretts hat sich um meine Hüfte gewickelt, sodass ich gar nicht bis zum Aufstehen komme und vorher von meinem eigenen Brett von der Welle gezerrt werde. Wir beide werden durchs Wasser gewirbelt. Augen zu und durch, irgendwie findet man immer den Weg nach oben.

– OMG, ich stehe, huch, noch immer… noch immer… noch immer… noch wahhhh…
Ich verliere das Gleichgewicht und lasse mich neben das Board ins Wasser platschen. Da die Welle an dieser Stelle schon stark an Kraft verloren hat, werde ich dieses Mal nicht über den Sand hinter meinem Brett hergeschliffen.

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Jhonny, der Inhaber der Surfschule.

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Dann ist Schluss, immer mit einem positiven Gefühl aufhören. Dann verliert man auch als Anfänger die Lust nicht. Ich kann nicht mehr, bin am Ende meiner Kräfte. Jede weitere Welle wäre gefährlich, da meine Arme sich bereits wie Götterspeise anfühlen.
Insgesamt habe ich drei Wellen bezwungen und der Unterricht ging etwa 1 ½ Stunden, wie ich im Hostel später feststelle.
Dort bezahlen ich auch den Surflehrer. Vorkasse ist hier gar nicht gut, hatte mir der Hostelmitarbeiter gesagt. „Ein bezahlter Musiker spielt schlecht.“

Vor der nächsten Surfaction werde ich auf jeden Fall erst einmal meine Arme und meine Rückenmuskulatur trainieren. Kraft zum Paddeln kann einem das Surfen ganz schön vereinfachen und versüßen. Die Ticas, die neben mir im Wasser auf die Wellen ritten, hatten auf jeden Fall ordentlich Oberarmmuskeln. Die machen das glaube ich nicht zum ersten Mal.